Kontaminiertes Erbe?

BIG lässt ihre Liegenschaften sukzessive zeitgeschichtlich aufarbeiten

Die BIG startet gemeinsam mit dem Ludwig Boltzmann Institut für Kriegsfolgenforschung ein Pilotprojekt zur Aufarbeitung der Geschichte ihrer Liegenschaften. Das Forschungsprojekt mit dem Titel „Kontaminiertes Erbe?“ soll in einem ersten Schritt Forschungslücken im Zusammenhang mit Gebäuden schließen, die vom NS-Regime als Amtsgebäude genutzt wurden und sich heute zum Teil im Immobilienportfolio der ARE, einer Konzerntochter der Bundesimmobiliengesellschaft, befinden.

80 Objekte werden im Rahmen des Pilotprojekts untersucht. Konkret soll unter anderem die Geschichte des Ensembles in der Grazer Paulustorgasse, wo die Gestapo ihren Sitz und ein Gefangenenhaus hatte, sowie des Schlosses Altkettenhof in Wien-Schwechat, das nach dem Anschluss als "Reichsschulungsburg" und im Zweiten Weltkrieg als Lazarett diente, erforscht werden.
 

Verantwortung übernehmen

"Als BIG übernehmen wir umfassende Verantwortung für unsere Häuser. Das betrifft selbstverständlich bauliche Aspekte wie die gezielte Modernisierung und Dekarbonisierung unserer Bestandsgebäude. Gleichzeitig haben wir auch die große gesellschaftliche Verpflichtung, uns mit der Geschichte unserer Häuser auseinanderzusetzen. Das aktuelle Forschungsprojekt ist ein weiterer wichtiger Schritt, diese Verantwortung wahrzunehmen“, erklärt BIG-CEO Hans-Peter Weiss.

Das Pilotprojekt wird in mehreren Phasen umgesetzt. Am Anfang steht eine Pilotstudie, die für eine kleine Anzahl von Liegenschaften untersucht, welche verbrecherischen Handlungen dort zwischen 1938 und 1945 stattgefunden haben könnten. Auf der Grundlage dieser Recherche wird ein Kriterienkatalog entwickelt, mit dem eine größere Anzahl von Liegenschaften bewertet werden kann. Gleichzeitig wird in der Pilotstudie eine Vorgangsweise festgelegt, wie NS-belastete Liegenschaften innerhalb des umfangreichen Immobilienportfolios der BIG identifiziert werden können.

Das Pilotprojekt ist auf ein Jahr angelegt, erste Ergebnisse sollen im Gedenkjahr 2025 vorliegen. Es ist geplant, das Forschungsprojekt auf weitere Liegenschaften zu erweitern. Weiters sind eine Publikation und ein Symposium geplant.
 

Wichtiger Schritt zur Auseinandersetzung mit kontaminierten Erbe

 „Die Spuren des nationalsozialistischen Terrorregimes sind heute in vielen Fällen auf den ersten Blick unsichtbar, doch nichtsdestotrotz vorhanden, eingebrannt gerade auch in Gebäude. Mit diesem Projekt wird ein und somit wider das Vergessen gesetzt“, betont Historikerin Barbara Stelzl-Marx, die das Ludwig Boltzmann Institut für Kriegsfolgenforschung und das Pilotprojekt leitet.

Das Konzept des Ludwig Boltzmann Instituts für Kriegsfolgenforschung überzeugte im Rahmen eines geladenen Wettbewerbs, den die BIG für das Pilotprojekt ausgeschrieben hatte. Die Jury wurde von Danielle Spera geleitet.